Wir müssen über KI sprechen.

Ein erstes Herantasten an KI-Tools für Schriftdesign.
Matthieu Salvaggio, der Gründer von Blaze Type, experimentierte im Rahmen von Human Types mit KI-gestützten Tools für Schriftgestaltung. Um herauszufinden, welche Designs eine KI auf der Basis eines begrenzten Zeichenumfangs generieren würde, entwarf Blaze Type unter Zuhilfenahme eines KI-Tools sechs einfache Schriften. Die Ergebnisse zeigen, worin sich diese Designs – die auf von Menschen kuratierten Bibliotheken beruhen, aber von KI generiert wurden – von menschlichen Designs unterscheiden und wo sie mit ihnen übereinstimmen.
Monotype
Wie ist Blaze Type entstanden?
Ich wollte schon immer eine eigene Foundry haben und eigene Schriften entwerfen. Als Student war es mein Ziel, die Hälfte meiner Zeit mit Lehre und Auftragsarbeiten zu verbringen und die andere Hälfte mit der Gestaltung von Schriften für meine eigene Foundry. Ein paar Jahre lang konnte ich genau das tun. Irgendwann entwickelte sich Blaze Type dann aber von einem Ein-Mann-Outlet zu einem plattformübergreifenden Studio mit vielen Designerinnen und Designern.
Was macht die Arbeitsweise eures Studios so einzigartig?
Kurz gesagt unser direkter Ansatz: Wir packen Dinge an. Eine unserer größten Stärken ist unser umfangreiches Wissen über variable Fonts und über Fragen der technischen Umsetzung. Auf dieser Basis stecken wir viel Zeit in die Entwicklung hochwertiger technischer Schriften. Außerdem kombinieren wir gerne historische Referenzen mit modernen Ästhetiken. Das führt oft zu interessanten Ergebnissen.
Welche Rolle wird KI in eurer Arbeit spielen?
Es wäre naiv zu glauben, dass KI nicht Einzug in unsere tägliche Arbeit halten wird. Stand heute mag KI zwar noch nicht weit genug sein, um im konzeptionellen Teil unserer Arbeit Anwendung zu finden. Für Textkorrekturen, technische Prüfprozesse, die Produktionsentwicklung und ähnliche Aufgaben setzen wir sie aber bereits ein. Und da sich KI stetig weiterentwickelt, wird sie künftig zweifellos in den meisten Designprojekten eine wichtige Rolle spielen.
Die ausdrucksstarke Welt der Markenschriften von Blaze Type.
Was ist euer Beitrag zum Projekt Human Types?
Wir haben eine Serie entwickelt, die auf einigen unserer eigenen Schriften basiert: Apoc, Fusion, Rules, Sagittaire und Sizek. Dafür haben wir ein KI-Tool mit den wichtigsten, das Design definierenden Zeichen jeder Schrift und einfachen Vorgaben gefüttert, um zu sehen, welche Buchstabenformen es auf dieser Basis generieren würde. Für Studierende im Bereich Schriftgestaltung ist das eine gängige Übung: Nimm ein paar Buchstaben, etwa von einem Straßenschild, und mache daraus eine komplette Schrift. Wir haben versucht, genau das mit KI nachzustellen: basierend auf einigen Schlüsselzeichen sollte sie einen vollständigen Zeichensatz von A – Z und a – z generieren. Es war spannend zu sehen, was die KI entworfen hat. Ähnlich wie Studierende tastete sie sich langsam an das Thema heran. In den Entwürfen der KI gibt es zwar noch viele Unvollkommenheiten, aber die konzeptionellen Grundlagen der jeweiligen Schrift sind in den Ergebnissen klar erkennbar. Die Analogie zwischen KI und Studierenden hat uns sehr inspiriert – und in dieser Hinsicht haben wir, denke ich, gute Ergebnisse erzielt.
KI ist gut darin, das grundlegende Gerüst einer Schrift zu erstellen und Strichstärken festzulegen. Zuverlässig saubere Kurven zu zeichnen, liegt ihr hingegen weniger.
Die Entwürfe der KI versprechen eine spannende Zusammenarbeit, gerade weil sie davon abweichen, was Designerinnen und Designer vielleicht erwarten würden.
Viele Entwürfe von KIs enthalten derzeit noch Knicke und Unebenheiten. Daher sind momentan noch prüfende Blicke und das handwerkliche Können menschlicher Designerinnen und Designer erforderlich.
„Die Analogie zwischen KI und Studierenden hat uns sehr inspiriert – und in dieser Hinsicht haben wir, denke ich, gute Ergebnisse erzielt.“
Matthieu Salvaggio
Wie seht ihr die Zusammenarbeit zwischen Menschen und KI?
Ich denke, dass KI – wie jede neue Technologie – zunächst Angst auslöst oder jedenfalls als Herausforderung wahrgenommen wird. Es steht außer Frage, dass sie einen enormen Einfluss auf jeden Markt haben wird, in dem sie eingesetzt werden kann, und dass sie unsere Gesellschaft tiefgreifend verändern wird.
Ihre Entwicklung zu beobachten und ihr Potenzial zu entdecken und zu nutzen, ist aber auch etwas Wundervolles. Wenn wir es richtig angehen, wird es großartig werden, KI in unseren Arbeitsalltag zu integrieren. Mit Blick auf die Produktion wird KI ein echter Gamechanger sein. Niemand weiß, wie genau sie sich in den konzeptionellen Bereich einfügen wird und ich werde die Entwicklungen aufmerksam beobachten – aber eines ist sicher: In der ein oder anderen Weise werden wir KI in allen Bereichen unserer Projekte einsetzen.
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