Special Aphex — The Aphex Twin logo.

Als Emblem ist das Aphex-Monogramm ein Zeichen der Authentizität, ein Zeichen, das ein meisterhaftes Verständnis für elektronische Klings, Klangs und Loops beweist. Gleichzeitig ist es für mich ein verlockendes Symbol, wie jede andere Buchstabenform. Ich meine: OK, ja, es ist der Buchstabe A, aber isoliert betrachtet ist es nicht wirklich eine Letter, sondern eher ein geheimnisvolles Zeichen, ein organisches Raumding aus einer anderen Welt. Es ist einfach und doch nuanciert, klar und doch verwirrend, es ist ein vielschichtiges Zeichen, das die Aphex-Synthesizer-Klangwelt perfekt symbolisiert.

A für anziehend: ein authentisches Symbol, das ein meisterhaftes Verständnis für elektronische Klings, Klangs und Loops beweist.

Den Erzählungen nach wurde das Aphex-A vom Grafik- und Schriftdesigner Paul Nicholson (www.number3.co) eigentlich für ein anderes Projekt entworfen. Pauls Kunde Anarchic Adjustment, ein in San Francisco ansässiges Skatewear-Label, war an einem Logo im Stil der frühen Neunzigerjahre interessiert, das an Außerirdische erinnert. Paul schlug ihnen daraufhin einige Konzepte mit einem „Alien-Vibe“ vor, die jedoch abgelehnt wurden. Richard D. James (auch bekannt als Aphex Twin), damals Kommilitone an der Kingston University, sah diese As und fand sie gut.

Die amorphe Form wurde von Hand mithilfe von Kreisschablonen und Linealen gezeichnet und tauchte erstmals 1992 auf dem Cover der EP „Xylem Tube“ auf. Nach dieser Premiere wurde das Aphex-A immer wieder für die Gestaltung der Aphex-Cover eingesetzt. So war es das Schlüsselmotiv auf dem Debütalbum „Selected Ambient Works 85-92“ und dem Folgealbum „Selected Ambient Works Vol. II“ (1994).  Nach einer zehnjährigen Pause in den Jahren 1996 bis 2006, kam es erst wieder auf der Compilation „Chosen Lords“ (2006) zum Einsatz. Acht Jahre später kehrte es in der Form eines grünen, leuchtfarbenen Aufklebers auf dem Album Syro zurück, das mit einem Grammy ausgezeichnet wurde.

So nahm es Gestalt an: Paul Nicholsons ursprüngliche Entwürfe waren für ein US-amerikanisches Skatewear-Label gedacht.

Im Laufe der Jahre bin ich auf einige bizarre Geschichten und Erinnerungen gestoßen. Im Internet wird nach wie vor über den Ursprung des Logos und seine „wahre“ semiotische Bedeutung spekuliert: „Wenn du die Winkel misst und durch den Umfang einer 12“-Platte teilst, erhältst du die Geheimformel für die Entschlüsselung der Kräfte der Pyramiden, die von den Atlantern vor ihrer Abreise nach Sirius B gebaut wurden.“ schrieb jemand im WATMM-Forum. Grafische Spekulationen gehen in die Richtung, dass es sich um eine Verschmelzung der Buchstaben SAW handele, in Anlehnung an die „Selected Ambient Works“-Alben. Oder dass das Zeichen mit dem griechischen Buchstaben λ (Lambda) zu tun habe, der Abkürzung für die Wellenlänge. Andere behaupten: „Es ist ein Schwanz mit Eiern an einem Bumerang“. Ähem …

Als Buchstabenform ist das Aphex-A die Antithese zu allem, was man einem Schriftgestalter beibringt, wenn ein ordentlicher Buchstabe entstehen soll. Es ist unausgewogen, hat dunkle Flecken, ist klumpig und unleserlich … und doch hat es etwas Ansteckendes an sich. Es erinnert mich an eine Zeit, in der Design experimentell sein durfte und ästhetische Grenzen auf innovative Weise überschreiten konnte. Es fühlt sich an wie „New Wave“, digital, statisch und doch flüssig wie eine Lavalampe. Es ist ein wahres Wunderwerk! Erschienen in der düsteren, emotionalen Klanglandschaft von „Ambient Sound Works“, Gefühle der Nostalgie der späten Neunziger und frühen Nullerjahre heraufbeschwörend, wobei Richards Musik aktuell und herausfordernd bleibt und eine seltsame parallele Relevanz zu dem Symbol selbst herstellt.

Cover-Star: Auf dem 2006 erschienenen Compilation-Album „Chosen Lords“ spielt das abstrakte, außerirdische A-Monogramm eine Hauptrolle.

 

Detail ist Detail: Auf dem mit einem Grammy ausgezeichneten Album „Syro“ taucht das A-Monogramm als leuchtend grüner Sticker wieder auf.

Aphex to Z: die weniger erfolgreiche Vollversion des Markenzeichens.

Natürlich musste Nicholson auch die Chance für das Entwerfen einer kompletten Schrift erkunden. Ausgeschrieben Formen des Projektnamens erschienen auf früheren Covern, aber ich persönlich betrachte die vollständige Wortmarke als wenig erfolgreich. Den meisten Formen mangelt es an den Feinheiten und der grafischen Durchschlagskraft des  Einzelbuchstaben A: Die betörende Natur und Stärke des Symbols kommt erst bei isolierter Betrachtung zur Geltung. Der legendäre Schriftgestalter Adrian Frutiger sagte einmal, er sei „fasziniert von abstrakten Symbolen“. Das A von Aphex Twin ist sicherlich eine der schönsten abstrakten Buchstabenformen der gegenwärtigen Musikindustrie.


Quellen
 

Paul Nicholson:
www.number3.co

Über die Herkunft:
http://pictograms.blogspot.co.uk/2007/11/logo-111-aphex-twin.html

Instagram-Offenbarungen:
https://www.instagram.com/p/BRLRXoIhaSx/
https://www.instagram.com/p/BQnDZQ1BN3S/
https://www.instagram.com/p/BQxgCboBSAz/

Entwürfe:
https://www.residentadvisor.net/news.aspx?id=38344

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