Was ist das neue Normal? Juan Villanueva hat das
Wort.

Meine Hoffnung für eine Welt nach der Pandemie ist, dass die Dinge besser werden. Dass die Gespräche, die wir über Chancengleichheit, Inklusion und Gleichberechtigung geführt haben, niemals aufhören. Und dass mehr Menschen danach streben, auf ihre Art zu helfen.

Juan Villanueva, Schriftentwerfer bei Monotype.

Juan Villanueva, Typedesigner bei Monotype, wurde vom Print Magazine interviewt, um darzulegen, wie er sich eine neue Normalität nach der Pandemie vorstelle. Bezogen auf seinen beruflichen Alltag, wurde Juan gefragt, wie sich sein „altes Normal“ vom „neuen Normal“ in Bezug auf Kreation und Lebensstil unterscheide. Lesen Sie im Folgenden Juans Gedanken und fragen Sie sich selbst, ob die Zeit nach der Pandemie für Sie ein „neues Normal“ ist oder nur das „nächste Normal“?

Erstveröffentlichung im Print Magazine.

Ich weiß, dass nach der Pandemie nichts mehr so sein wird wie vorher. Wir haben über zwei Millionen Menschen durch das Virus verloren. Einige von ihnen waren enge Verwandte von mir. Doch trotz allem, was uns das Jahr 2020 gebracht hat, muss ich weiter nach vorne blicken. Wenn ich etwas länger darüber nachdenke, bin ich dankbar für die Möglichkeiten, die sich für mich durch die Veränderung meines Jobs ergeben haben. Zum Beispiel, dass ich Fernbeziehungen zu Designern und Studenten aus aller Welt knüpfen konnte. Und dass ich neue Wege gefunden habe, meinen ganz persönlichen Beitrag für die Design-Community zu leisten.

Als die Pandemie ausbrach, arbeitete ich bereits aus dem Home-Office. Das fing schon vor fünf Jahren an, als ich zum Monotype Studio stieß. Mein Team war über verschiedene Orte und mehrere Zeitzonen verteilt. Selbst wenn wir mal im selben Büro saßen, kommunizierten wir trotzdem per Chat und Videokonferenz. Ich bin echt froh darüber, dass ich die Zeit fürs Pendeln gegen nützlichere und erfüllendere Tätigkeiten tauschen kann, zum Beispiel das Zeichnen von Buchstaben. Ich denke, dass das Arbeiten aus der Ferne heutzutage als „normaler“ bewertet wird als noch vor 2 Jahren. Und ich begrüße diese Veränderung.

Natürlich vermisse ich die persönlichen Begegnungen, wie alle anderen Menschen auch. Aber die Verlagerung meiner Aktivitäten ins Netz hat mir auch zu vielen Gemeinschaften auf der Welt die Türen geöffnet. Plötzlich war New York City gar nicht mehr so weit von allen anderen Städten entfernt und umgekehrt. Anstatt auf eine Konferenz, ein Seminar oder den Urlaub zu warten, um Menschen in anderen Städten und Ländern zu treffen, organisiere ich jetzt einen Video-Call, um mich mit anderen auszutauschen oder zu arbeiten. Auf diese Art haben sich für mich in diesen Zeiten viele neue Kontakte zu Designerinnen und Designern in aller Welt ergeben.

Zum Beispiel habe ich in der Pandemie regelmäßig an den Type-Cooker-Veranstaltungen von Letrástica und dem allerersten lateinamerikanischen Typografie-Turnier teilgenommen. Manchmal verwandelten sich unsere Online- Treffen in Zoom-Tanzpartys, bei denen alle mitmachten, was sehr lustig war. Ich habe auch an vielen Online-Kursen und Konferenzen über Design, Geschichte, Bildung, Pädagogik und ähnlichem teilgenommen, die vor der Pandemie für mich und viele andere aus geografischen, finanziellen und zeitlichen Gründen außer Reichweite gewesen wären. Das war ganz großartig für mich als junger Designer, und ich hoffe wirklich, dass diese Gemeinschaften weiterhin gedeihen und sich an eine hybride Welt nach der Pandemie anpassen werden. Trotz alledem kann es natürlich kaum erwarten, wieder zu reisen und Leute zu treffen, sobald es sicher ist.

Ich unterrichte ziemlich viel und habe in den letzten fünf Jahren eine Menge Präsenzveranstaltungen durchgeführt. Als die Pandemie ausbrach, mussten wir komplett auf Online- Unterricht umstellen. In dieser Zeit habe ich einen neuen virtuellen Kurs zum Thema Display-Type-Design beim Postgraduierten-Studiengang für Schriftgestaltung an der Cooper Union gestartet. Das Handwerk des Schriftdesigns ist überwiegend männlich und weiß besetzt, und als einer der wenigen BIPOC-Typedesigner ist das Unterrichten für mich eine Gelegenheit, an dieser Situation etwas zu ändern und neue Wege zu beschreiten. Also habe ich den Display Type BIPOC Fond ins Leben gerufen, um Geld zu sammeln und Stipendien für BIPOC-Designer zu vergeben, damit sie meinen Kurs besuchen können.

Bisher habe ich das Stipendium dreimal ausgeschüttet, und jedes Mal konnte ich mindestens fünf Plätze finanzieren. Ich werde den Kurs weiterhin online durchführen und sicherlich auch mal persönlich, sobald das wieder möglich ist. Ich hoffe sehr, dass Einrichtungen, die Online-Kurse anbieten, dies auch dann fortsetzen, wenn der Präsenzunterricht wieder startet. Denn ich glaube, dass diese virtuellen Initiativen dazu beitragen, den Zugang zur Ausbildung zu erleichtern, was mich sehr freut.

Die Bereitstellung von Bildung ist nur die eine Hälfte der Arbeit. Darüber hinaus ist wichtig, die Studenten weiter zu unterstützen, auch wenn ein Kurs beendet ist. Darum habe ich für meine Klasse die Website displaytypedesign eingerichtet, mit der ich die Arbeit meiner Studenten würdigen und ihre Stimmen sichtbarer machen kann. Bildung ist ein kontinuierlicher Prozess, der am Leben erhalten werden muss. Auch deshalb habe ich im April 2020 die Type Crit Crew ins Leben gerufen, eine kostenlose Initiative, die das Studium des Typedesigns für Studierende aller Niveaus in der ganzen Welt zugänglicher machen soll.

Sowohl meine Online-Kurse, mein Stipendium und die Type Crit Crew machen es möglich, eine Gemeinschaft von Schriftdesign- Studenten aus der ganzen Welt aufzubauen und aktiv zu erhalten. Zum Glück bin ich damit nicht allein, und ich danke allen Schriftentwerferinnen und -entwerfern, die sich als Type Crit Crew-Lehrende gemeldet haben und der aktuellen und nächsten Generation von Typedesignerinnen und -designern die Hand reichen. Ganz besonders danke ich meiner lieben Freundin Lynne Yun, die mit ihrer Type Design School und ihrem eigenen BIPOC-Stipendium dazu beiträgt, mehr Menschen fürs Schriftdesign zu begeistern.

Meine Hoffnung für eine Welt nach der Pandemie ist, dass die Dinge besser werden. Dass die Gespräche, die wir über Chancengleichheit, Inklusion und Gleichberechtigung führen, niemals aufhören. Und dass mehr Menschen danach streben, auf ihre Art zu helfen.

Lernen Sie Juan Villanueva von Monotype kennen, indem Sie hier seine Studio-Seite besuchen. Entdecken sie einige der spannenden Projekte, an denen Juan mitgewirkt hat, lernen Sie seinen Hintergrund kennen und erfahren Sie, was ihn antreibt.